Im Kreuz ist Heil – im Kreuz ist Leben - im Kreuz ist Hoffnung
Erstmals seit Jahrzehnten wieder Andacht zur Kreuzabnahme und Grablegung in der Stiftskirche.
Ein besonderer Gottesdienst fand in diesem Jahr in der Stiftskirche am Karfreitagabend statt. Seit dem Aschermittwoch stand in der Mitte der Stiftskirche, am Ort des ehemaligen Lettners und Kreuzaltares, das einarmige Kreuz aus dem Mittelalter (ca. 1380). Die Entscheidung war in der Restaurierungsphase gefallen, es wieder in liturgischen Gebrauch zu nehmen, wozu es vormals mit beweglichen Armen geschaffen worden war.
Der Altarraum der Stiftskirche war in - rotes Licht getaucht - geradezu mystisch. Die Musik aus verschiedenen Jahrhunderten wurde von einem Quartett des Stiftsmusik gestaltet. Mit den berührenden Improperien des Karfreitags begann die Andacht. Im Wechsel mit Texten aus der Johannespassion sowie eine Meditation von Joseph Ratzinger zum Weizenkorn, das in die Erde fallen muss, um Frucht zu bringen, wurden geistliche Impulse gesetzt. „In stiller Nacht“ von Johanne Brahms, De profundis clamor a te von Mitch Leigh und die Grablegung begleitend die Arie aus der Matthäuspassion „Mache dich, mein Herze, rein“ von Johann Sebastian Bach, gesungen von Verena Seeber, der Leiterin des Kinder- und Jugendchores der Stiftsmusik. Weitere Mitwirkende waren Monika Nestle, Adrian Suciu und Tassilo Neugebauer, sowie Max Reichenwallner, der die Arie aus dem 20. Jahrhundert sang.
Den Höhepunkt bildete die szenische Darstellung der Kreuzabnahme und Grablegung Jesu. Max Reichenwallner, seines Zeichens Schauspieler, Sänger und Regisseur übernahm die Aufgabe, diese Szene ohne Worte zu inszenieren. Ruth Reichenwallner hatte aus dem Fundus des Ruperti-Theaters Kostüme zusammengestellt. Alle Schauspieler stammten aus der Schar der Ministrantinnen und Ministranten, die die Kreuzabnahme und Grablegung mit aller Vorsicht großartig darstellten. Unter der Leitung des Josef von Arimathäa (Max Reichenwallner) und bewacht von römischen Soldaten (Dirk Eggenweiler und Joggerl Maltan) nahmen sie den Kruzifixus vorsichtig vom Kreuz und trugen ihn von Fackeln begleitet in das mächtige barocke Heilige Grab der Stiftskirche. Die Besucher der Stiftskirche zu dieser abendlichen Stunde konnten sich des Eindrucks dieser Atmosphäre kaum entziehen. So wie vermutlich viele Generationen in Berchtesgaden dies an den Karfreitagen vergangener Jahrhunderte erleben konnten. Damit ist eine Tradition wieder aufgelebt, die dazu helfen soll, die Trauer der Kartage ganz intensiv zu erleben.
Der Kruzifixus mit den beweglichen Armen fand im Anschluss an die Andacht seinen Platz in einem eigens geschaffenen Andachtsraum im Südturm der Stiftskirche. Das dortige Gemäuer stammt aus ähnlicher Zeit wie das Kreuz. Dort ist der Berchtesgadener Kruzifixus mit den beweglichen Amren zukünftig das ganze Jahr über zu sehen. Zugleich wird dieser Raum als barrierefreies Beichtzimmer dienen. Erst am Aschermittwoch 2024 wird er wieder den Mittelpunkt der Stiftskirche bilden und das Leiden Christi allen vor Augen stellen. Die Andacht mit Kreuzabnahme und Grablegung ist im zweijährigen Rhythmus vorgesehen – parallel zum großen Heilige Grabe in der Stiftskirche zu Berchtesgaden.
Bilder / Impressionen:
Bericht: Dr. Thomas Frauenlob
Bilder: Johann Kurz und Martin Strobl