Vom Petersplatz zum Watzmann
Gestern Rom – heute Berchtesgadener Land: Thomas Frauenlob kann Welt- und Ortskirche
"Global denken - regional handeln". Das hat Monsignore Thomas Frauenlob in Rom gelernt. Foto: Hans-Günther Kaufmann
Er ist ein „Fortunato“, ein Glückspilz. Monsignore Thomas Frauenlob durfte an den schönsten Plätzen arbeiten. Sieben Jahre im Vatikan in Rom, gleich danach als Pfarrer im Berchtesgadener Land. „Ja, das stimmt“, lächelt der Geistliche, „es hat sich in meinem Leben immer wunderbar gefügt, der liebe Gott hat es immer gut mit mir gemeint.“ Als Pfarrer des Pfarrverbands Stiftsland Berchtesgaden, bestehend aus den Pfarreien Berchtesgaden, Marktschellenberg und Au, profitiert der 55-Jährige von den Erfahrungen aus seiner vatikanischen Zeit. Weltkirche kann er auf einfache Weise in die Ortskirche miteinfließen lassen. „Global denken – regional handeln“ nennt es der Monsignore.
Ihn reizt kreative Pfarrei-Arbeit
Thomas Frauenlob wirkt zufrieden und entspannt. Er sprüht vor Ideen und Tatkraft, wenn er über seinen Pfarrverband spricht. Der Geistliche geht in seiner Arbeit in Berchtesgaden auf. „Ja, ich bin gut angekommen“, sagt er. Das Reizvolle, berichtet Frauenlob, sei die kreative Arbeit in der Pfarrei. „Hier kann ich wirklich gestalten, Ideen einbringen und umsetzen.“ Und auch darüber hinaus engagiert sich Frauenlob als Dekan, als Mitglied des Diözesanrates, des Priesterrates und in diversen Gruppierungen und Kommissionen.
In Rom, im Vatikan, war das nicht so. Da arbeitete Frauenlob, der von Papst Benedikt XVI. den Ehrentitel „Päpstlicher Ehrenkaplan“ verliehen bekam, von 2006 bis 2013 in der Bildungskongregation. Hier war er als Referent für die 42 theologischen Fakultäten in Mitteleuropa zuständig und hat die Umsetzung des Bologna-Prozesses, die europäische Reform des universitären Studiums, in den theologischen Fakultäten maßgeblich begleitet.
„Ich konnte nach meiner Zeit als Leiter des Seminars St. Michael in Traunstein etwas zurücktreten“, meint Monsignore Frauenlob, „aber Rom hat doch gezeigt, dass ich mich nicht so entfalten konnte, einfach der kreative Typ bin.“ Unvergesslich, „ein Glücksfall“ sei die Zeit im Vatikan trotzdem. „In Rom in einer Zeit sein zu dürfen, in der ein Landsmann auf dem Stuhl Petri sitzt und dies aus der Nähe erleben und nach Kräften unterstützen zu dürfen – davon zehre ich noch heute“, gibt er zu. Das sei ein ganz wichtiger Abschnitt in seinem Leben gewesen. Obwohl er, überlegt der Geistliche, schon etwas ernüchtert gewesen sei am Anfang. Denn diese so „geheimnisumwitterte Welt im Vatikan, die Außenstehende gelegentlich sogar als mystisch beschreiben, ist doch sehr viel normaler und menschlicher“.
Und von wegen „durchorganisierter Apparat“, lacht Frauenlob. Dass seine Vorstellungen damals „bröckelten“, sei durchaus eine positive Erfahrung. Auch, dass er viele wertvolle Freundschaften geschlossen hat, die bis heute halten. „Ich bekomme in Berchtesgaden häufig Besuch aus Rom“, freut sich der 55-Jährige. Auch er fährt drei, vier Mal im Jahr nach Rom, schließlich ist die Ewige Stadt für ihn auch ein „Stück Heimat“, dabei genießt er „vita italiana“, die italienische Lebensart, trifft seine Freunde, lässt das Zentrum des katholischen Glaubens, die Weltkirche, auf sich wirken.
„Die katholische Kirche ist der älteste Global Player“, überlegt Monsignore Frauenlob, „dort habe ich gelernt, global zu denken und regional zu handeln.“ Allerdings habe er „kaum unmittelbare Seelsorge“ gemacht, lediglich Pilgern und Schweizer Gardisten stand er mit Rat und Tat zur Seite. „Das musste ich in Berchtesgaden erst wieder einüben“, gibt er unumwunden zu. Überhaupt habe er einiges „wieder neu lernen müssen wie das Durchführen von Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen, ich habe das ja lange nicht mehr gemacht“. Gleichzeitig haben die Berchtesgadener hohe Erwartungen an „den Mann aus dem Vatikan“ gehabt. „Dem Druck musste ich standhalten“, erinnert sich Frauenlob, „es gibt ja viele spezielle Dinge in Berchtesgaden, die äußerst wichtig sind wie das Advents- und Weihnachtsbrauchtum, das habe ich mit einem wunderbaren Team und guten Beratern geschafft.“ Aber es sei schon eine „große Umstellung“ gewesen, nach der Anonymität in Rom eine „starke Zentrierung auf den Pfarrer“ zu erleben.
Priester müssen offen und flexibel sein
Heute, nach fünf Jahren an einem der schönsten Flecken Bayerns, habe er sich längst an alles gewöhnt, im Gegenteil, er sei sehr vertraut mit hiesigem Brauchtum und Traditionen. Jetzt könne er eben auch eigene Akzente einbringen. Trotzdem ist Fingerspitzengefühl gefordert. „Die Weltkirche ist ja der große Überblick, die Richtschnur“, erklärt Frauenlob, „diese sind auf die Ortskirche zu übertragen, hier sind die Konsequenzen spürbar.“ Die Herausforderung: In diese „Inkulturation, also in diese Traditionen, Gebräuche, Rituale den Leitfaden aus dem Vatikan so in die Kultur vor Ort einzubringen und so zu gestalten, dass es akzeptabel ist und keine bedrohliche Veränderung bedeutet“. Welt- und Ortskirche fließen da ineinander über. „Dank meiner Zeit in Rom weiß ich, was Schreiben aus dem Vatikan bedeuten und kann Nachrichten gut einordnen.“
Kardinal Reinhard Marx hatte den Wunsch, Monsignore Frauenlob vom Vatikan nach Berchtesgaden zu holen. Man hört Dankbarkeit aus den Worten des Pfarrers, „wir Priester müssen offen und flexibel sein, einen neuen Abschnitt zu beginnen“. Und der Petersplatz in Rom hat für Thomas Frauenlob genauso einen Wow-Effekt wie der Watzmann. „Beide haben etwas Majestätisches.“
Susanne Hornberger
Die Autorin ist MK-Chefredakteurin.