Zeugnis gelebter Frömmigkeit in Zeiten großer Not

Zum Abschluss der Renovierung von „Maria am Berg“ weiht Kardinal Altar

Die Gnadenkapelle von Altötting diente den Erbauern der kleinen Kirche „Maria am Berg“ am Waldrand in Berchtesgaden als Vorbild. Von 1929 bis 1932, in einer Zeit größter wirtschaftlicher Not, erbaute das Ehepaar Franz und Sophie Brandner die Kirche aus persönlicher Frömmigkeit heraus. Heute ist sie ein Vorzeigeprojekt in Sachen Nachhaltigkeit. Zum Abschluss umfassender Renovierungsarbeiten seit Juni 2017 weiht Kardinal Reinhard Marx im Rahmen eines Sonntagsgottesdienstes am 12. August um 10 Uhr den neuen Volksaltar. Die Bevölkerung ist herzlich zum Gottesdienst und er anschließenden Agape eingeladen.

Die Kirche zeugt vom starken Glauben des Ehepaars Brandner inmitten großer Not. Der begabte und tatkräftige Bauernsohn Franz Brandner stammte vom Fritzenlehen am Faselsberg bei Königssee und arbeitete im Salzbergwerk. Sophie Maria war die einzige Tochter des Ehepaars Johann und Anna Renoth vom Seimlerlehen in Salzberg. Als Hochzeitsgeschenk trug Franz auf seiner Schulter ein großes Kreuz ins Seimleranwesen. Als Bergrat Maurer 1907 das Gebet vor der Einfahrt in den Berg abschaffen wollte, rief Brandner eine Protestversammmlung der Knappen ein. Er wurde – nur vorübergehend - aus dem Berg entlassen, Das Gebet blieb, Maurer musste gehen.

Nach seiner Rückkehr vom Ersten Weltkrieg als Sanitäter an der Westfront reifte sein Entschluss, der Muttergottes eine Kapelle zu bauen. Zu Beginn der 20er Jahre gründete er einen Kalkofen und baute 1923 die erste Jugendherberge weit und breit. Für seine soziale, aufrechte, mutige Haltung, auch in der Nazi-Zeit, war er bekannt. Nach dem Bau einer Fremdenpension wagte Brandner sich an das Kirchlein. Drei Jahre lang packte er selber als Taglöhner in Handarbeit mit an. Fast ein Jahr dauerten die Fundamentarbeiten im felsigen Grund. Zwei Ochsen zogen das Baumaterial hinauf. Das Ehepaar kämpfte damals ums Überleben: Wegen hoher Arbeitslosigkeit kamen nur wenige Urlauber. Es wurde noch schlimmer. Sophie Brandner: „Sommergäste verließen uns, als sie sahen, dass Vater eine Kirche baut. Dafür würden sie ihr Geld nicht hergeben, sagten sie und fuhren ab.“

Doch Maria am Berg fand prominente Unterstützer wie Kardinal Michael von Faulhaber. Eigentümer ist seit 1992 der „Erzbischöflichen Stuhl“. Diese Stiftung bezuschusste die von heimischen Firmen ausgeführten Arbeiten mit etwa 360.000 Euro. Rund 100.000 Euro brachte die Gottesdienstgemeinschaft selber auf. „Wir suchen für jeden Sonntag mit Unterstützung der Mesnerin, Gründer-Enkelin Soferl Pfnür, einen Priester und Organisten und zahlen diese selber“, erklärt Michael Koller, Verwaltungsleiter im „Stiftsland Berchtesgaden“. Er wohnt in der Nähe und engagiert sich seit 2016 ehrenamtlich als Verwalter für das Gotteshaus. „Das ist für uns am Untersalzberg ein bisserl eine Beheimatung.“ Wie er selbst als Bub, ministrieren auch heute noch die Kinder aus der Nachbarschaft hier, und viele Paare haben hier geheiratet.

Seit 1937 war die Kirche auch geistliche Heimat für die von Adolf Hitler vom Obersalzberg vertriebene Bevölkerung. Zwei Priester prägten diese Oase des Glaubens: der letzte Kurat vom Obersalzberg, Prälat Dr. Johannes Baumann, und Salesianer-Pater Franz Mandl, Kriegsflüchtling und lange Präses der Kolpingfamilie Berchtesgaden. Ihre Haushälterinnen Hedwig und Marianne, Töchter der Erbauer, banden ihre Nichte Soferl Pfnür schon früh in die Sorge für die Kapelle ein. Da ein Bruder der Mesnerin, Prof. Dr. Vinzenz Pfnür, vor seiner Tätigkeit als Theogieprofessor in Münster Assistent von Prof. Dr. Joseph Ratzinger war, traf sich der Ratzinger-Schülerkreis öfter in Maria am Berg und kehrte dann im Café von Soferl Pfnür ein. Beider Bruder Josi arbeitet wie Soferl ganz im Hintergrund rund um die Kirche und hält alles in bester Ordnung.

Als erste Kirche in der Erzdiözese ist „Maria am Berg“ durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Urenkels der Erbauer energieautark. „Wir setzen das um, was Papst Franziskus anregt“, sagt der Berchtesgadener Pfarrer Monsignore Dr. Thomas Frauenlob stolz. Schindeldach und Außenfassade wurden erneuert. Der Vorplatz wurde nach Erneuerung der Drainagen ansprechend neu gestaltet samt Brunnen. Ein barrierefreier Zugang entstand. Mit „hauseigenem“ Sonnenstrom gespeist werden die installierte Nachtbeleuchtung und die moderne Heizungsanlage. Innen erstrahlen Raumschale, Einrichtung und liturgische Geräte in neuem Glanz.

Die liturgischen Orte wurden neu geordnet. Da der barriereähnliche Volksaltar von 1967 rechts und links abgeschnitten wurde und so vier der fünf Kreuze in der Altarplatte, Zeichen für die fünf Wunden Christi, wegfielen, muss er erneut geweiht werden. Aus Eichenholz werden ein mittig aufgestellter, drehbarer Ambo, zugleich Evangeliar-Auflage, und die Umrandung des Altars geschaffen, beides nach Entwürfen des Laufener Bildhauers Friedrich Koller. Dieser kreiert auch einen neuen Osterleuchter. Bei Aufräumarbeiten wurden zwei kleine Originalglocken gefunden, die nun die größere Ersatzglocke von 1936 zu einem vollen Geläut ergänzen. In den Altar werden Reliquien der Seligen Otto von Freising und Kaspar Stanggassinger eingebettet.

Maria am Berg

Bericht und Bild: Veronika Mergenthal

 

Wichtiges zur Altarweihe

Der Gottesdienst mit Altarweihe mit Kardinal Reinhard Marx wird musikalisch von den Kirchenchören Maria am Berg und Au gestaltet. Danach ist auf dem Kirchenvorplatz Gelegenheit zur Begegnung mit dem Kardinal im Rahmen einer kleinen Agape. Besucher werden gebeten, nicht mit dem Pkw bis zur Kirche zu fahren. Parkmöglichkeit ist am Hotel Seimler. Von dort kann man entweder über die Stufen oder den Fahrweg zu Fuß hinauf gehen oder den Shuttleservice nutzen, der ab 9:30 Uhr angeboten wird.  

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