Ehemaliger Chorregent Urban Hafenmair gestorben
40 Jahre lang prägte er das kirchenmusikalische Leben der Pfarrei St. Andreas
Am Morgen des 1. Adventssonntages ist der ehemalige Chorregent der Pfarrei St. Andreas, Urban Hafenmair, nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 67 Jahren verstorben. 40 Jahre, von 1974 bis 2014, war er als Organist und Chorleiter für die Kirchenmusik in St. Andreas zuständig. Dabei war ihm der Beruf des Chorregenten keineswegs in die Wiege gelegt, war sein Vater doch Architekt. Ich erinnere mich noch an seine ersten Klavierübungen, die ich als damaliger Nachbar mit anhören durfte oder musste. „Der lernt das nie!“, war ich damals überzeugt. Er sollte mich eines Besseren belehren …
Nach dem Besuch des Realgymnasiums machte Urban Hafenmair in Bad Reichenhall eine Ausbildung zum Hotelkaufmann, ehe er seinen Wehrdienst in der Strub ableistete. Daneben besuchte er in Salzburg die Musikhochschule Mozarteum. Das musikalische Fundament hatte zuvor – wie bei vielen Berchtesgadenern – Elli Hierzegger mit ihrem Klavierunterricht gelegt. Parallel zum Musikstudium war Hafenmair als Aushilfsorganist, beispielsweise in der Franziskanerkirche, tätig, bis er 1974 nach dem Tode seines Vorgängers Felix Maier die Stelle als hauptamtlicher Organist und Chorregent in der Pfarrei St. Andreas antrat. 1977 schloss er sein Studium der Kirchenmusik mit der sogenannten A-Prüfung ab. Der Chorregent war nun nicht nur für die Orgeln verantwortlich, beispielsweise für den Einbau einer neuen Klais-Orgel in der Pfarrkirche 1988 – sondern für den Kirchenchor, den Kinder- und Jugendchor, die Orgelbegleitung der Gottesdienste, … Einige junge Leute wurden von Hafenmair im Orgelspiel ausgebildet und sind nun teilweise selbst als Organisten tätig. 1990 wurden ihm die Aufgaben des Dekanatsmusikpflegers für das Dekanat Berchtesgaden übertragen. In Erinnerung bleiben werden aber vor allem die Chor- und Orchestermessen sowie die vielen hervorragenden Kirchenkonzerte.
1980 wurde ein Passionssingen, unter anderem mit den Fischbachauer Sängerinnen, den Riederinger Sängern, dem Kirchenchor und dem kürzlich verstorbenen Pfarrer Franz Niegel als Sprecher, vom Bayerischen Rundfunk aufgezeichnet und ausgestrahlt. Als 1982 das renovierte Heilige Grab erstmals wieder in der Stiftskirche aufgestellt wurde, führte Hafenmair die „Grabmusik am Karfreitag“ ein, die im jährlichen Wechsel alpenländisch und klassisch gestaltet wurde. Viele der von Hafenmair geleiteten Kirchenkonzerte wurden in die Veranstaltungsreihe „Musiksommer zwischen Inn und Salzach“ aufgenommen. Gelegentlich kombinierte er die Orgel mit anderen Instrumenten, beispielsweise Orgel und Trompete (Igor Oder), Orgel und Zither (Herbert Lagler), Orgel und Bläser, Orgel und Orgel (Maurus Scheurenbrand) oder Orgel und Marimbaphon (Christian Löffler). Gerne führte er mit seinen und anderen Kindern die „Berchtesgadener Kindersinfonie“ auf, deren Urheberschaft nach wie vor Rätsel aufgibt (Leopold Mozart – Joseph Haydn – Michael Haydn – Edmund Angerer) und die verschiedene Kinderinstrumente der Berchtesgadener War verwendet (Pfeiferl, Wasserpfeiferl, Kuckuck, Ratsche, Trompete, Trommel) – ein musikalischer Spaß für Mitwirkende und Zuhörer.
Auch als Komponist betätigte sich der Chorregent erfolgreich. Besonders bemerkenswert ist seine „Glocken-Sonate“, die anlässlich der 900-Jahr-Feier Berchtesgadens im Kreuzgang uraufgeführt wurde. Seine größte Liebe und Leidenschaft aber galt der „Musica Berchtesgadensis“, einer Reihe von Werken, die in engem Zusammenhang zu Berchtesgaden stehen und die er aus der „Versenkung des historischen Notenschrankes“ hervorgeholt und mit dem Computer in langwieriger und mühevoller Arbeit in heute übliche Notenschrift übertragen hat. Das bedeutendste Stück aus der Reihe, „Amor subditorum“ – ein Applausus für den letzten Fürstpropst Joseph Conrad von Schroffenberg, komponiert von Johann Michael Haydn, erklang 1986 wieder (oder erstmals?) in der Stiftskirche. Es folgten unter anderem Werke von Joseph Kracher, Wenzel Kniescheck, Franz Bühler („Missa pastoritia“) oder Anton Cajetan Adlgasser. Auch Werke seiner Berchtesgadener Organisten-Vorgänger Franz Xaver und Johann Baptist Fembacher bewahrte er vor dem Vergessen.
Seine Lieblingsbeschäftigung auf Chorausflügen: das "Bus-Schlaferl"
Urban Hafenmair war ein Mensch, der das Leben genießen konnte. Wann immer es seine Zeit zuließ, war er im Sommer mit dem Radl unterwegs oder auf den Bergen, im Winter auf dem Jenner beim Skifahren anzutreffen. Genauso aber schätzte er es, mit seiner Frau Monika oder in Gesellschaft gemütlich ein Glas Wein zu trinken. So gehörten Ausflüge, zum Beispiel nach Kärnten oder Südtirol, ebenso zum Jahresprogramm des Stiftskirchenchores wie das sogenannte EuGoL (Essen und Getränke ohne Lichtbilder) nach dem Patroziniumsgottesdienst der Pfarrkirche. Auch wenn seine letzten Jahre durch einen Gehirntumor, einen Schlaganfall und eine schlechte Prognose der Ärzte stark beeinträchtigt waren, ließ er sich seinen Lebensmut nicht nehmen. Im Rollstuhl mit einem Glas Wein auf seiner Terrasse am Metzenleitenweg zu sitzen, liebevoll von seiner Frau umsorgt, daran konnte er sich nach wie vor erfreuen. Ende November durfte er das Hochzeitsfest seiner Tochter Annamirl – sein Sohn Tobi hatte bereits 2011 geheiratet – mitfeiern, was er ausgiebig und sichtlich mit großer Freude genoss. Nur wenige Tage später musste er sich seiner heimtückischen Krankheit geschlagen geben. Was bleibt, sind seine großen Verdienste um die „Musica Berchtesgadensis“ sowie dankbare Erinnerungen an eine Reihe unvergesslicher Kirchenkonzerte.
Andreas Pfnür