Das Votivbild von 1918 in der Auer Pfarrkirche
Für wen und von wem wurde es gemalt?
Drei großformatige Gemälde schmücken die Pfarrkirche Hl. Familie in der Au. Im Zentrum steht das Altarbild von Waldemar Kolmsperger d. J., auf dem gemäß dem Kirchenpatrozinium die Heilige Familie vor dem schneebedeckten Watzmann dargestellt ist.
Das links am Chorbogen hängende, nicht signierte Bild war schon vor der Erbauung der Auer Kirche (1907/08) da, wie aus einem Bericht im "Berchtesgadener Anzeiger" vom 6. Juni 1906 hervorgeht: "Dem zukünftigen Auer Kirchlein wurde von Herrn Dr. Sedlitzky ein großes Oelgemälde zum Geschenke gemacht, eine Kopie nach Rubens: "Beweinung Christi" in Originalgröße. Möchte dasselbe das neue Gotteshaus baldigst schmücken, den Besuchern zur Erbauung dienen, dem Stifter ein dankbares Gedenken sichern und viele Andere zur Nachahmung aneifern!"
Der in Wien geborene Dr. Wenzel Sedlitzky betrieb in Salzburg die "Alte fürsterzbischöfliche Hofapotheke" am Alten Markt 6, die älteste noch bestehende Apotheke Salzburgs. In Berchtesgaden und Hallein hatte er eine "Fabrik chemisch-pharmazeutischer Produkte und natürlicher und medizinischer Heilbäder". Noch heute gibt es Kohlensäure-Badetabletten nach Dr. Sedlitzky zu kaufen. Im Frühjahr 1913 verkaufte Dr. Sedlitzky die Hofapotheke, wenige Monate später starb er an einer schweren Krankheit.
Seine Stieftochter aus der ersten Ehe seiner Frau war die damals bekannte Pianistin und Sängerin Emy Karvasy, deren außergewöhnlichen Fähigkeiten A. Helm in "Berchtesgaden im Wandel der Zeit" einen längeren Eintrag widmete. Emy Karvasy (1879-1935) wohnte in der Villa Sandor am Doktorberg, starb zwei Jahre vor ihrer Mutter und ist auf dem Alten Friedhof in der Familiengruft beigesetzt.
Das rechts am Chorbogen hängende Bild hat - wie eine Einprägung am Bilderrahmen zeigt - den Titel "Mein Jesus Barmherzigkeit". Im unteren Teil des weiß-goldenen Bilderrahmens ist zu lesen: "Zur Erinnerung an Infant. Fritz Faik gef. 3. April 1918"
Fritz Faik, für den seine Eltern das Votivbild in Auftrag gegeben haben, entstammte der Verleger- und Kaufmannsfamilie Kaserer, die mehr als 350 Jahre lang Berchtesgadener Holzwaren in alle Welt vertrieb. Seine Mutter, Ernestine Kaserer, hatte 1896 den Handelsreisenden Adam Faik aus Alzenau in Unterfranken geheiratet. Der Bruder von Fritz, Andreas Faik, übernahm nach dem Tod der Eltern den Besitz und heiratete Mathilde Schmalhofer. Kurz nach der Geburt seines Sohnes Wolfgang starb Andreas Kaserer 1938 und seine Witwe verpachtete das Geschäft. Von 1960 bis 1988 führte sie das Geschäft zusammen mit ihrem Sohn Wolfgang, dann verkaufte sie die Geschäftsräume an das Modehaus Unterländer.
Über den Maler des Votivbildes gibt die Signatur Auskunft:
Hans Kaufmann, geboren 1862 in Hohenschwangau, war ein renommierter Kunstmaler. Er lebte nach dem Studium von 1889 bis 1913 in Ruhpolding, danach bis zu seinem Tode in Traunstein. Bekannt wurde Kaufmann vor allem als Maler des Traunsteiner Georgirittes, daneben schuf er zahlreiche Landschaftsbilder, Zeichnungen, Aquarelle, Porträts und Buchillustrationen.
Illustrationen zu Schillers "Lied von der Glocke"
Notgeld der Stadt Traunstein
Kriegergedächtnisbild in der Wallfahrtskirche Maria Eck
Sterbebilder Zweiter Weltkrieg
Am 12. August 1949, also vor 70 Jahren, starb Hans Kaufmann in Traunstein.
Andreas Pfnür