Kunst und Kultur des Ammertales und des Pfaffenwinkels erkundet

Dekanatskulturfahrt 2024 nach Ettal, Oberammergau und Linderhof

Der Weg schlängelt sich kurvenreich vom Loisachtal im Werdenfelser Land die enge Bergstraße des Ettaler Berges hinauf und mündet in das Ammertal, dem der dort entspringende Fluss seinen Namen gegeben hat. Orte wie Ettal mit dem uralten Benediktinerkloster, Oberammergau mit den weltberühmten Passionsspielen, das Schloß Linderhof, versteckt im Graswangtal, und natürlich der Pfaffenwinkl mit seinen barocken Highlights der Welfenstiftungen Rottenbuch und Steingaden, sowie der Festsaal des „Gegeißelten Heiland“ auf der Wies bilden auf engstem Raum ein historisch einmaliges Ensemble. 50 Teilnehmer der 28. Kulturfahrt des Dekanates Berchtesgaden erlebten drei Tage voll von Architektur, Kunst, Kultur und natürlich auch Kulinarik bei sonnigem Herbstwetter, das die barocken Juwelen im vollen Glanz erstrahlen ließ.

Den Anfang der Reise machte bereits ein Abstecher zur vor wenigen Jahren erbauten Pfarrkirche St. Josef in Holzkirchen. Eine Kirche als stumpfer Kegel konzipiert, zeigt eine außergewöhnlich mutige Architektur, in zeitgemäßer Sakralität. Matthias Hefter, langjähriger Kirchenpfleger, erzählte von der Baugeschichte und offenbarte der interessierten Gruppe die „Knackpunkte“ sowohl des Baus als auch dessen nicht selten mühsamen Entstehung. 

P. Virgil, Pfarrer der kleinen Pfarrgemeinde Ettal, rund um das Klosterareal, stammt aus Freilassing und führte die Gruppe in die Bildersprache unter und im „Ettaler Heiligenhimmel“, der sich als Kuppel der Basilika mächtig über dem Kirchenschiff erhebt. Die Blicke hinter die Kirchenmauern in die kunstreiche Sakristei, das festliche Treppenhaus und den darüberliegenden Kapitelsaal waren Räumlichkeiten, die nicht jeder aufsuchen darf. Am nächsten Tag machte sich die Gruppe vom klostereigenen Hotel, das den Namen des Klosterstifters „Ludwig der Bayer“ trägt, auf nach Oberammergau. Das kleine Dorf, unscheinbar am Beginn des Ammertales gelegen, ist durch das seit 1683 aufgeführte Passionsspiel weltweit bekannt. Viele der Reiseteilnehmer waren schon im alle zehn Jahre stattfindenden Passionsspiel und wohnten der eindrucksvollen Darstellung des Leidens und Sterbens Jesu bei. Geradezu ehrfurchtgebietend war der Blick von der riesigen Bühne in den 4500 Personen fassenden Zuschauerraum, den die Passionsspieler beherrschen müssen. Mindestens ebenso eindrucksvoll der Blick hinter die Kulissen: Die ausgefeilte Bühnentechnik, die so genannten „stehenden Bilder“, Szenen aus dem Alten Testament, mit ihren überdimensionalen Gestaltungselementen. Hinter der eigentlichen Bühne schließlich erhielt die Gruppe von einer engagierten Führerin und – natürlich – Passionsspielerin angesichts vieler Requisiten Einblick in die vielen Überlegungen zur ständigen Überarbeitung des Textes und der Kostüme, die behutsamen Ergänzungen zur Musik aus dem 18. Jahrhundert. Die Massenszenen mit oft mehr als tausend Darstellern, von ganz jungen bis schon betagten Oberammergauern, sind Herausforderungen für Regie und Teilnehmer gleichermaßen. Eindrucksvoll die versteckte Technik, die es braucht, um die Kreuzigungsszene so täuschend echt für die Zuschauer darzustellen. Das Spiel, das viele Menschen aus aller Welt zutiefst berührt und zu Tränen rührt, ist mehr als professionelles Theater, es ist Leidenschaft und Teamwork der Oberammergauer. „Der Passion“, wie die Einheimischen sagen, formt tausende von Mitwirkende zu einer großen, ja hochemotionalen Gemeinschaft.  

Die einsame Schönheit der Park- und Schlossanlage Linderhof, im nahen Graswangtal bietet geradezu das Kontrastprogramm. König Ludwig II. schuf sich einen prachtvollen Rückzugsort, wo er inspiriert von seinen absolutistischen Vorbildern Frankreichs eine eigene Traumwelt in der Abgeschiedenheit der Berge schuf. Allein die Parkanlage mit der mächtigen Fontäne, die von Zeit zu Zeit einem Geysir gleich ausbricht beeindruckt und begeistert jeden, der Sinn für Gartengestaltung hat. Die üppige Innenausstattung des Schlosses erschien so manchem fast etwas drückend. Eine sehr eigenwillige Welt, wie eben auch der Erbauer selbst war.

Der dritte Tag war nun ganz der Welt der Barock- und Rokokokunst gewidmet. Im ehemaligen Augustinerchorherrenstift Rottenbuch wurde die Gruppe vom aus Teisendorf stammenden Pfarrer Josef Fegg mit Schwung empfangen. Er erschloss die Kirche theologisch entlang des Lebens des Hl. Augustinus, dessen Biografie das Bildprogramm der Kirche bestimmt. Die wunderbaren Stuckarbeiten, geradezu spielerisch schwebenden Putten und Engeldarstellungen fesselten geradezu den Blick der Besucher.

2024 feiert das Chorherrenstift Rottenbuch 950 Jahre seit der Gründung. Es gilt als „Mutterkloster“ des Chorherrenstiftes Berchtesgaden, so dass die Gruppe aus dem Dekanat gleichsam in offizieller Mission als Delegation aus diesem Anlass nach Rottenbuch kam, wie Pfarrer Frauenlob bei seiner Ansprache in der Hl. Messe mit der Gruppe hervorhob. Wenige Fahrminuten entfernt stand der nächste Höhepunkt auf dem Programm. Die Basilika des Hl. Martin in Steingaden. Wiederum eine Gründung des Welfen, mit romanischer Architektursubstanz und der Ausschmückung im Stile des Barock. Der kundige Führer, Herr Berlinger, führte die Gruppe auch an das Grab von Dominikus Zimmermann, den Erbauer der nahegelegenen Wieskirche, das letzte Ziel der Reise.

Die Wieskirche wurde in nur acht Jahren von den beiden, bereits in hohem Alter befindlichen Brüdern Dominikus und Johann Baptist Zimmermann erbaut. Ein lichtdurchfluteter Festsaal im Stile des Rokoko, der im Zentrum eine einfache, zum Teil aus Pappmache angefertigte Figur des gegeißelten Heilands beherbergt. Alles ist auf diese wundertätige Figur ausgerichtet. Der Abt des Prämonstratenserklosters Steingaden, Marianus II. Mayr, hat mit seinem Wahlspruch „Hoc loco habitat fortuna, hic quiescit cor“ („An diesem Ort wohnt das Glück, hier kommt das Herz zur Ruhe“) „seiner“ Wieskirche einen trefflichen Titel gegeben, der das Motiv des berühmten Augustinuszitats „unruhig ist mein Herz, bis es Ruhe findet in dir, o Gott“ aufgreift. Die Sonneneinstrahlung im spätsommerlichen Licht ermöglichte es, den ganzen Glanz dieser mächtigen Kirche auf der „großen Wiese“ zu genießen. Der Wieskurat, Pfarrer Florian Geis, führte die Gruppe kenntnisreich ein in die Theologie der berühmten Wieskirche. Die Gruppe durfte sogar den Altarraum betreten und so manches Detail ganz aus der Nähe betrachten. Es war zweifellos der krönende Abschluss der Dekanatskulturfahrt 2024. Die Rückfahrt aus dem Pfaffenwinkl, durch das „blaue Land“ Murnaus und das Oberland bot Gelegenheit, die vielen Eindrücke in wunderbarster Spätsommerlandschaft nochmals Revue passieren zu lassen.   

Bilder / Impressionen:

dekanatskulturfahrt
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