Vom Trost des christlichen Begräbnisses

Betrachtungen von Pfarrer Msgr. Dr. Thomas Frauenlob

Allerheiligen am alten Friedhof

Was macht ein christliches Begräbnis besonders? Nicht rührseliges Schwelgen in Erinnerungen steht im Mittelpunkt, sondern der Blick über den Tod eines Menschen hinaus, wie Johannes dies in der Offenbarung tut, wenn er das himmlische Jerusalem beschreibt.

Die Rituale einer christlichen Bestattung berühren durch ihre Schlichtheit, Würde und Konzentration auf Wesentliches. Im sensiblen Moment des Abschieds wird der Blick über den Tod hinaus, auf die Zukunft der Verstorbenen gelenkt und zugleich spendet diese Perspektive den Trauernden Trost. 

Das „letzte Geleit“ ist ein Weg, der mit der Versammlung um den Verstorbenen beginnt. Mit den Worten des Psalms 138 werden wir an unsere menschliche Endlichkeit erinnert, die wir im Alltag nicht selten vergessen. Unser Leben ist vergänglich und fällt der Vergessenheit anheim – „es verblüht wie die Blume des Feldes“, mag es in seiner Zeit groß und mächtig gewesen sein. Der Mensch in der Zeit verblasst und übrig bleibt – nichts! Bei Gott ist es anders: Sein Gedenken an den Menschen kennt kein Ende – auch nicht im Tod.  

Wenn sich der Zug zum Grab in Bewegung setzt, erklingt seit dem 7. Jahrhundert der feierliche Hymnus: Ad Paradisum! Jetzt geht´s auf ins Paradies – würde man in bayerisch sagen. Gemeint ist das himmlische Jerusalem, das der Apostel Johannes in seiner Endzeitvision gesehen hat! „Zum Paradies mögen Engel dich geleiten, die heiligen Märtyrer dich empfangen und dich führen in die heilige Stadt Jerusalem. Die Chöre der Engel mögen dich begrüßen und durch Christus, der für dich gestorben, soll ewiges Leben dich erfreuen“. Das himmlische Jerusalem und seine Bewohner sind die neuen Hausgenossen unserer Verstorbenen. Gott allein ist dort im Mittelpunkt.    

Das Grab ist uns der Ort unserer Trauer um die Toten. Mit gläubigen Augen aber das Tor, der Eintritt in eine neue Wirklichkeit, einen neuen Lebensabschnitt. Ja, wir stehen wie die Frauen und Jünger am Ostermorgen vor dem offenen Grab, das durch die Auferstehung Christi zur Hoffnung geworden ist. Das ist unser Glaube! 

Allerheiligen am alten Friedhof

Nachdem der Leichnam oder die Asche in das Grab gelegt ist, wird in vier Zeichen diese Zukunft sinnenhaft gedeutet. 

Das Weihwasser: „Im Wasser und im Heiligen Geist wurdest du getauft. Der Herr vollende, was er in der Taufe begonnen hat“. Unser Leben auf Erden ist nie vollkommen, wir erfahren Grenzen, spüren unsere Schwächen, müssen Armseligkeit und Sünde feststellen – das ist menschlich! Durch Taufe und Firmung jedoch sind wir trotz allem irdischen Scheitern auf Vollkommenheit ausgerichtet, ja dazu berufen. Was uns fehlt, wird uns von Gott dazugegeben, großzügig, aus Gnade. Er ergänzt unsere Schwächen, er verzeiht, weil wir in seiner Liebe stehen und aus dieser nie herausfallen können - gerade im Tod nicht.

Der Weihrauch, der über dem offenen Grab aufsteigt, symbolisiert das Göttliche. „Dein Leib war Gottes Tempel. Der Herr schenke dir ewige Freude“ – so deuten wir. Unser irdischer Leib, also unsere ganze Existenz, ist zwar ein fragiles Konstrukt, aber doch auch ein Ort der Gegenwart Gottes in dieser Welt, ein Tempel Gottes. In jedem Getauften kommt Gott in diese Welt, ist er da! Dazu sind wir berufen als Abbilder Gottes. Nach dem Zerfall dieses irdischen Hauses, soll ungetrübte Freude den verklärten Leib in der Ewigkeit durchwirken und erfüllen, ja zum Strahlen bringen.

Was wird mit dem irdischen Leib? „Von der Erde bist du genommen und zur Erde kehrst du zurück. Der Herr aber wird dich auferwecken“. Unser irdischer Leib vergeht, wie wir sehen und wissen. Aber er ist doch das Vehikel, das uns durch die irdische Lebenszeit trägt. Der „Bruder Leib“, so bezeichnet ihn der hl. Franz von Assisi wertschätzend. Wir sollen achtsam mit ihm umgehen, aber nicht an ihm hängen, denn er ist vergänglich. Bei der Auferstehung werden wir einen neuen, unvergänglichen Leib erhalten. Vom Herrn, der uns auferwecken wird.

Als viertes Zeichen wird das Kreuz über dem Grab erhoben und verkündet: „Das Zeichen unserer Hoffnung, das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus sei aufgerichtet über deinem Grab. Der Friede sei mit dir“. An dieser Stelle menschlichen Lebens ist der Lebens-Kampf beendet. Wir haben aber eine Hoffnung darüber hinaus, die stärker ist als aller Verlust, ein Heils-Zeichen, das uns sagt: Der, der an diesem Kreuz gehangen hat und gestorben ist, ist stärker als der Tod. Er schenkt denen, die zu ihm gehören seinen Frieden in Ewigkeit. Amen.


Bilder / Impressionen:

Allerheiligen

Allerheiligen

Bilder: Michael Koller
Bilder mit Ministranten: Franz Kurz

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