Totengedenken auf den Friedhöfen in Berchtesgaden

Allerheiligen im Stiftsland

2020 konnte Corona bedingt keine öffentliche Segnung der Gräber vorgenommen werden. Heuer nun versammelten sich zahlreiche Gläubige auf den Friedhöfen und gedachten ihrer Verstorbenen. Mit einer großen Zahl von Ministranten, Weihwasser und viel Weihrauch wurden nach einer kurzen Andacht die Gräber durch die Geistlichen gesegnet und die Gläubigen zum Gebet für die Verstorbenen eingeladen.

Phil 3,20-21

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper

Unsere Heimat ist im Himmel.

Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter,
der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich auch alles unterwerfen kann.

Ansprache auf dem Friedhof

Liebe Schwestern und Brüder!

Ich gehe gern über Friedhöfe. Sie sind Orte der Stille und Einkehr, herausgenommen aus dem Trubel und der Hektik des Alltags. Und sie halten mir meine eigene Vergänglichkeit vor Augen, ein memento mori.

Der Friedhof ist der für unsere Verstorbenen reservierte und abgegrenzte Raum, inmitten unserer Lebenswelt. Im „Freithof“ weiß ich unsere Verstorbenen gut aufgehoben, ich kann sie besuchen. Die Jahreszeiten verändern diesen Ort des Todes ständig und machen ihn gleichsam lebendig: Frühling, Sommer, Herbst und Winter hüllen den Friedhof stets in ein neues Kleid und erzeugen jeweils eine besondere Stimmung. Die liebevolle Pflege unserer Gräber, Weihwasser und eine brennende Kerze zeigen, dass unsere Toten nicht vergessen sind.

Ich gehe gerne über Friedhöfe. Sie sind Orte, der Erinnerung, Orte in denen sich auch meine eigenen Lebenslinien in vielen Erinnerungen widerspiegeln.

  • Erinnerung an Menschen meiner Kindheit, die ich geliebt und die mir gut waren, denen ich viel verdanke;
  • Erinnerung an Menschen, deren Glück oder auch deren trauriges Schicksal mich berührt hat;
  • Erinnerung an Menschen, mit denen ich vielleicht viele Lebensjahre gemeinsam verbracht habe und die mir nun sehr fehlen;
  • Erinnerung an Menschen, deren Weisheit und Zufriedenheit mir Vorbild geworden sind und mir Orientierung im Leben geben;
  • Erinnerung an Menschen, deren Leben missglückt ist, die mit Lüge und Selbstbetrug gestorben sind;
  • Erinnerung an Menschen, die plötzlich und unversehens aus dem Leben geschieden sind;
  • Erinnerung an junge Menschen, die noch ihr ganzes Leben vor sich gehabt hätten;
  • Erinnerung an alte Menschen, an deren Leiden und Sterben ich Anteil genommen habe;
  • Erinnerung an Menschen, die ich auf dem letzten irdischen Weg geleitet habe.

Ich gehe gern über Friedhöfe. Sie sind für mich als Christ nicht nur der Ort des Todes und der Erinnerung, sondern auch des Trostes und einer großen Hoffnung. Hoffnung, die über den irdischen Tod hinausreicht.

  • Die Hoffnung, dass unsere Verstorbenen uns nur vorausgegangen sind.
  • Die Hoffnung, dass sie – wenn auch anders – unter uns sind.
  • Die Hoffnung, auf ein Wiedersehen in der ewigen Heimat, im Paradies, im himmlischen Jerusalem oder im Himmel – wie immer man diesen Ort nennen mag.

Die Hoffnung gründet in der Taufe, in der wir Christus angelegt bekommen haben wie das Taufkleid. Wir tragen seinen Namen: „Christ“. Er gehört zu uns, wir gehören untrennbar zusammen im Auf und Ab unserer Existenz. Dieses Miteinander trägt und prägt unser irdisches Leben. Der Tod beendet alles Irdische, nimmt uns alles aus der Hand. Was bleibt? Das Taufkleid als unser Totenhemd, das bekanntlich keine Taschen hat. Unsere Taufe und die damit begründete Freundschaft und Verbindung mit Christus ist unser größter Schatz, den kein Tod entreißen kann. Wir bleiben immer in Gottes Hand.

Jesus Christus war auf Erden ein Mensch wie wir und hat einen brutalen Tod erlitten. Er gibt uns Hoffnung, wenn er spricht: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, wird leben auch wenn er stirbt. Und jeder der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben.“

Die Zeugen der Auferstehung Jesu überliefern uns diese Botschaft des Trostes und der Hoffnung. Wir gehören zu diesem auferstandenen Christus und wandern in seinen Fußspuren durch die Welt, Spuren, die in die Ewigkeit führen.

Der Apostel Paulus schreibt, dass uns Christus einmal als Retter aus der Ewigkeit entgegenkommen und unseren armseligen Leib in seinen verherrlichten Leib verwandeln wird. Daher ist der Friedhof nicht nur Ort des Todes und der Erinnerung an diejenigen, die uns vorausgegangen sind, sondern auch Ort der Hoffnung und Freude. So können wir getröstet auf unser Leben und unseren Tod schauen. Amen.

 

Bilder / Impressionen:

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Pfarrer Thomas Frauenlob

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