Gott und Glaube in Zeiten der Pandemie

Überlegungen zur Frage, warum (Präsenz-)Gottesdienste auch in Zeiten stark steigender Coronazahlen weiter angeboten werden sollen

Die neuerlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in ganz Deutschland bauen auf Erfahrungen aus der Zeit des ersten Lockdown im Frühjahr auf. Sie sind deutlich differenzierter und abgewogener. Dies zeigt sich insbesondere in der Ermöglichung von Präsenzgottesdiensten für alle Religionsgemeinschaften, worin sich die Beachtung des Grundrechts der Religionsfreiheit und der freien Religionsausübung zeigt, das in unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung als sehr hohes Rechtsgut gilt.

Der Gottesdienst stellt für Christen den Kern ihrer Religionsausübung dar und sollte als solcher – unter genauer Einhaltung bestmöglicher Infektionsschutzvorkehrungen – stattfinden. Digitale Angebote sind für das religiöse Leben der Gläubigen eine gute Ergänzung und können insbesondere für Risikogruppen zu einer Bereicherung des Glaubenslebens während dieser Coronapandemie beitragen. Sie laden ein zum gemeinsamen Gebet und stiften in Zeiten von „Social Distancing“ Gemeinschaft. Allerdings können Gottesdienstübertragungen den Gottesdienst in Präsenz nicht ersetzen. Besonders greifbar wird das bei der Feier der Eucharistie, als Quelle und Höhepunkt des ganzen kirchlichen Lebens, da die heilige Kommunion nur persönlich empfangen werden kann.

Die steigenden Infektionszahlen lassen keinen „Normalbetrieb“ bei Gottesdiensten zu und auch das bereits seit Mai geltende, mit der Staatsregierung abgestimmte und schon mehrfach angepasste „Infektionsschutzkonzept für katholische Gottesdienste im Erzbistum München und Freising“ kann bei steigenden Infektionszahlen vor Ort ergänzt werden: Eine Erweiterung der Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionen in Gottesdiensten besteht dann etwa darin, dass auf Gemeindegesang während der Gottesdienste verzichtet oder der Mund-Nasen-Schutz während des gesamten Gottesdienstes getragen werden soll. Es soll gewährleistet sein, dass die Menschen trotz der aktuellen Gefahrenlage ihrem Bedürfnis nach religiösem Leben – unter Einhaltung der notwendigen und sinnvollen Schutzmaßnahmen– weiter nachgehen können. Um sicherzustellen, dass Gottesdienste in allen Regionen möglichst gefahrlos gefeiert werden können, orientieren sich die Erzdiözese München und Freising und die Pfarreien vor Ort auch stets an den Vorgaben der zuständigen Stellen des Freistaats und der lokalen Gesundheitsämter.

Die kommenden Wochen werden für alle Menschen in unserem Land eine enorme Herausforderung, – nicht zuletzt auch psychische Belastungen – darstellen. Der Herbst ist anders als das Frühjahr häufig von wettermäßig trüben Tagen dominiert, die vielen Menschen ohnehin aufs Gemüt schlagen, die Einschränkungen von Treffen und Besuchen tun da ein übriges. Daher ist die Möglichkeit, nicht nur offene Kirchen vorzufinden zum persönlichen Gebet, sondern auch das gemeinsame sich Hinwenden an Gott, die Reflexion über die Welt auf dem Hintergrund der Heiligen Schrift und die Liturgie, mit ihren vertrauten Formen und entlastenden Ritualen umso wichtiger. Gute und aufbauende Worte und Taten sind das Gebot der Stunde. Gottvertrauen stärkt den Einzelnen und die Gesellschaft als ganzes, gerade in Krisenzeiten. Die Kirchen machen seelsorgerliche Angebote, die sich an alle Menschen richtet, die auf der Suche und guten Willens sind. 

Grundsätzlich gilt: Infektionen zu vermeiden und damit auch Verantwortung für sich und andere zu übernehmen hat für uns höchste Priorität. Gleichzeitig wird alles dafür getan, im Rahmen der Möglichkeiten für die Menschen seelsorglich präsent zu sein und ihnen gerade in dieser schwierigen Zeit zur Seite zu stehen.

Auch im ZDF-Mittagsmagazin wurde auch die Situation im Berchtesgadener Land betrachtet und eine Stellungnahme abgegeben.

Pfarrer Msgr. Dr. Thomas Frauenlob

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