Monsignore Franz Niegel 91-jährig verstorben
34 Jahre „Volksmusikpfarrer“ in Unterwössen – Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche St. Andreas
Am vergangenen Donnerstag ist im Wohnstift Marquartstein der langjährige Unterwössener „Volksmusikpfarrer“, Monsignore Franz Niegel, im 92. Lebensjahr verstorben. Der gebürtige Berchtesgadener hatte vor drei Jahren mit Freunden, Wegbegleitern und vielen Musikanten noch sein Diamantenes Priesterjubiläum feiern können. Das Requiem wird am Samstag, 4. November, um 10 Uhr im Bürgerhaus „Altes Bad“ in Unterwössen gefeiert, anschließend findet die Beisetzung auf dem Friedhof statt. In Erinnerung an den beliebten Seelsorger und Förderer der Volksmusik wird am Donnerstag, 9. November, um 18.30 Uhr in der Pfarrkirche St. Andreas in Berchtesgaden ein Gedenkgottesdienst gefeiert.
Im Berchtesgadener Heimatkalender 1998 hat Franz Niegel beschrieben, wie er den Kiem Pauli kennengelernt hat – und auch, wie er ihn auf dessen eigenen Wunsch 1960 beerdigte. Seine Ansprache habe er damals mit dem Satz begonnen: „Wenn der Kiem Pauli heute unter uns wäre, dann würde er sein Liederbuch aufschlagen mit dem Hadn-Lied (Hadn österreichisch für Buchweizen): „Jatz han i mein Hadn im Stadele drinn, jatz dank i Gott Vata wia glückli i bin.“
Nach einem langen und erfüllten Leben hat Franz Niegel nun selbst „sein Hadn im Stadele drinn“. Er wurde als Sohn eines Uhrmachermeisters und Antiquitätenhändlers am 29. März 1926 in Berchtesgaden geboren und wuchs im Nonntal auf. Schon als Ministrant, später in einer überaus aktiven Jugendgruppe, wurde er vom damaligen Kaplan Otto Schüller geprägt, der ihm zum Vorbild wurde, auch was die Liebe zur Kunst sowie das Bergsteigen und Skifahren betraf. Mit 22 Jahren trat Niegel in das Priesterseminar in Freising ein, am 29. Juni 1954 wurde er im Freisinger Dom zum Priester geweiht. Nach Kaplanstellen in Reit im Winkl, Waldram, Traunstein, Wasserburg und Oberwössen wurde er 1963 Pfarrer in Unterwössen, wo er 34 Jahre bis zu seinem Ruhestand wirkte. Niegels großes Verdienst war es, die Volksmusik für die Liturgie zu nutzen und das geistliche Volkslied ins Kirchenjahr mit einzubinden. Wie er einmal selbst bekannte, hat ihm die Liebe zur Volksmusik zusätzliche Möglichkeiten des Dienstes an der Kirche und ihrer Verkündigung gegeben. Er war mit dem Kiem Pauli ebenso befreundet wie mit Annette Thoma, Tobi Reiser senior oder Wastl Fanderl und initiierte in Unterwössen Musikanten- und Sängertreffen sowie Advents-, Weihnachts-, Passions- und Ostersingen, nicht zu vergessen die Erntedank-Matineen.
1979 wurde er von der Gemeinde Unterwössen zum Ehrenbürger ernannt, ein Jahr später erhielt er das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland. 1982 wurde er zum Geistlichen Rat ernannt, 1992 zum Monsignore. Seinen Ruhestand verbrachte Niegel zunächst in seinem Haus in Maria Gern. Nach dem Tod seiner Haushälterin Anny zog er ins Bürgerheim, später ins Wohnstift Marquartstein, wo er die die letzten 14 Jahre seines Lebens, die leider von Depressionen überschattet waren, verbrachte.
Mit dem emeritierten Papst Benedikt XVI verband ihn seit den Studienjahren eine enge Freundschaft. Joseph Ratzinger hatte als junger Dogmatikprofessor für Franz Niegel die Primizpredigt in Berchtesgaden gehalten und verbrachte später häufig seinen Urlaub in Unterwössen. Zu Niegels Diamantenem Priesterjubiläum schrieb er ihm: "... Da ist mir der strahlende Tag Deiner Primiz wieder vor die Augen gekommen, und die Erinnerung ist aufgestiegen an all das Schöne, das ich mit Dir über Jahrzehnte hin erleben durfte. In diesen Tagen werden nicht nur ich, sondern viele andere mit großer Dankbarkeit daran denken, wie Du als Priester mit Deiner ganzen Kraft, mit Deiner Heiterkeit und Deiner Phantasie und mit den Leiden, die dazugehören, das Evangelium verkündet und ihnen Christus gezeigt hast. So wird ein vielstimmiger Chor des Dankes zum Himmel aufsteigen, in dem ich kräftig mitbeteiligt bin. Mit meinem herzlichen Dank an Dich für alles, was ich von Dir empfangen habe, verbinde ich meine Segenswünsche und das Versprechen meines Gebetes für Dich ...
Den Spruch, den Franz Niegel auf das Erinnerungsbildchen zu seinem 40-jährigen Priesterjubiläum drucken ließ, darf man als sein Lebensmotto ansehen. Es ist die dritte Strophe des Gotteslob-Liedes 216: „O Herr, verleih, dass Lieb und Treu / in dir uns all verbinden, / dass Hand und Mund zu jeder Stund / dein Freundlichkeit verkünden, / bis nach der Zeit den Platz bereit / an deinem Tisch wir finden.“
Andreas Pfnür
Bei der Primiz von Franz Niegel (Mitte) hielt 1954 sein Freund Joseph Ratzinger (links) die Primizpredigt; rechts Niegels Mentor, Pfarrer Otto Schüller
Vielleicht interessiert es Sie, was Joseph Ratzinger zur Primiz von Franz Niegel gepredigt hat:
Predigt von H. H. Dozent Dr. Joseph Ratzinger
anlässlich der Heimatprimiz von Franz Niegel
am 4. Juli 1954 in der Stiftskirche Berchtesgaden
Königliche Hoheiten, hochwürdiger Herr Primiziant,
hochwürdige Mitbrüder, liebes katholisches Volk!
Etwas von dem Zauber des Heiligen Landes ist eingefangen in das Evangelium des heutigen Sonntags, das uns eben der Diakon feierlich verkündet hat. Man glaubt beinahe das Rauschen des Sees zu hören, über den der Herr so oft mit seinen Jüngern gefahren ist. Man glaubt zu schauen den Glanz des südlichen Himmels, der sich wolkenlos wölbt, und das Grün der Fluren rund um den See, deren Blumen der Herr in seinen Gleichnissen gepriesen hat. Er hat wirklich ein wenig von dem Zauber seiner Heimat, von der Schönheit ihrer Berge und dem Rauschen des Sees hineingenommen in seine Botschaft vom ewigen Reich. Und wir freuen uns darüber, weil wir mit Freuden die Verwandtschaft mit der Schönheit unserer eigenen Heimat erkennen.
Aber was da erzählt wird, ist doch nur der äußere Rahmen, in dem sich das Größere und Wichtigere begibt. Die Morgenstunde eines Menschenlebens! Die Stunde, in der ein Mensch Ruf und Auftrag für sein ganzes Dasein erhält. Noch einmal fährt dieser Simon, der so manches Jahr als Fischer über den See gefahren ist, hinaus, um Fische zu fangen. Aber als er am Ende die schwere, wunderreiche Pracht, die nicht seine Leistung ist, an Land zieht, da beginnt etwas Neues: „Nun sollst du Menschenfischer werden“, sagt der Herr zu ihm. Nun mag das Boot dann liegen bleiben und das Netz, und andere mögen sich darum bekümmern. Du sollst hinausfahren auf das Meer der Welt und sollst Gottes Netz auswerfen nach den Menschen, die sich vielleicht sträuben, die sich sperren im falschen Schein ihrer vermeintlichen Glückseligkeit; sollst es tun und sie heimziehen an die Ufer von Gottes Ewigkeit. Du sollst es tun die lange Nacht mancher Misserfolge hindurch, die vielleicht kommen wird, sollst es tun mit unverdrossenem Herzen auch an dem Tag, da dir einmal alles umsonst und die ganze Mühe deines Lebens verkannt zu sein scheint.
Das war damals, vor 2000 Jahren. Die Morgenstunde eines Menschenlebens. Aber es war nicht bloß, es ist noch immer hier und heute in unserer Mitte. Denn was geschieht schon bei der Priesterweihe und Primiz anderes, als dass da Christus vor ein paar junge Menschen hintritt und ihnen gleichsam das Boot und das Netz aus der Hand nimmt, an das sie so manchen Traum ihrer Jugend geknüpft haben, und zu ihnen sagt: „Nun sollst du Menschenfischer sein.“ Nun sollst du hinausfahren auf das Meer der Welt und sollst getrosten Herzens Gottes Netze auswerfen in einer Zeit, die offenbar alles Interesse daran hat, dem heiligen Jäger Gott zu entkommen.
So klingt es wie ein Widerhall vom See Genezareth, wenn in der Stunde der Priesterweihe der Bischof den jungen Diakonen, die da vor ihm stehen, ihre künftigen Aufgaben sagt. Nüchtern, knapp und sachlich, wie es einst die Sprache der römischen Weltbeherrscher formuliert hat. Aufgabe des Priesters ist es, zu segnen, zu opfern, vorzustehen, zu predigen und zu taufen, heißt es da. Über diese paar Worte haben unsere Neupriester in den Tagen der Exerzitien und der heiligen Priesterweihe manche Stunde nachgedacht, denn in diesen Worten liegt ja nun der ganze Auftrag, der ganze Inhalt ihres künftigen Lebens eingeschlossen: opfern, vorstehen, segnen, predigen und taufen. Nur ein paar ganz kurze Lichter möchte ich herausgreifen aus dieser Fülle von Licht, die da verborgen ist, damit wir ein wenig ahnen können, was das für ein Tag des Priesterlebens ist, der sich aus dieser Morgenstunde der Berufung und Sendung entfalten soll.
Da ist zunächst einmal das Predigen. Wenn ich aus meiner eigenen Erinnerung etwas erzählen darf: Wie oft habe ich mich als Student gefreut, den Menschen einmal predigen und das Wort Gottes sagen zu dürfen, die sich doch in der Hast eines oft so gottverlassenen Alltags nach dem Wort Gottes sehnen müssten; gefreut besonders in jenen Stunden, in denen mir ein Wort der Schrift oder ein Zusammenhang der Glaubenslehre neu aufgeleuchtet war und mich von Herzen froh gemacht hatte! Aber wie enttäuscht war ich auch, als die Wirklichkeit so ganz anders aussah, als man sich in einer gehetzten, mühseligen Woche etwas abringen musste, um da am Sonntag etwas sagen zu können, und als gar die Menschen nicht auf das Wort der Predigt warteten, sondern im Gegenteil nur auf ihr Ende. Das Wort Gottes gehört heute nicht zu den Modeartikeln, um die man ansteht und um die man sich herumschlägt, im Gegenteil, es gehört zur Mode und zum guten Ton, die Dinge besser zu wissen und erst zu kommen nach der Predigt, weil sie doch wohl nicht viel sein wird. So ist das Predigen heute wirklich ein mühseliger Teil des heiligen Fischfanges geworden, den Christus dem Priester aufgetragen hat. Und doch, gerade in der Predigt und im Religionsunterricht, der ja nur eine andere Form der Predigt ist, tut der Priester mit etwas vom Größten, was die Kirche tut in dieser Welt.
Der römische Theologe Hippolyt, der im Jahre 235 nach Christi Geburt gestorben ist, hat einmal gesagt: „Die Geburt Christi ist noch nicht zu Ende; noch immer wird Christus geboren in dieser Welt.“ So gebiert die Kirche Christus den Herrn, indem sie die Völker lehrt und ihnen predigt. Indem sie es wagt, inmitten einer Welt, in der Lüge und Verstellung und Sensation Trumpf geworden sind, sich zur Wahrheit, zur einen unsensationellen und darum vielleicht langweilig scheinenden Wahrheit Gottes zu bekennen, holt sie diesen Gott immer wieder hinein in diese Welt, gibt ihm Platz auf Erden. Unendlich arm würde die Welt werden, wenn der Mund derer verstummen würde, die keine Sensation zu sagen haben, die sich unabhängig von dem Wind, den die Zeiten wehen, zu der einen Wahrheit Gottes bekennen und sie verkündigen. Indem sie das tun, geben sie Gott, dem herbergssuchenden Gott, immer wieder Platz auf Erden. Christus wird neu geboren.
Es wäre ein guter Erfolg dieser Predigt, wenn wir alle zusammen wieder ein wenig die Demut des Hörenkönnens in uns lebendig machen würden. Und freilich, daneben auch den Mut des Redens, den der Christ heute nötiger braucht als in vergangenen Jahrhunderten. Auf den Kanzeln unserer Kirchen predigen zwar nur die Priester, aber daneben steht die Kanzel des Alltags, und in der kann und muss jeder zum Prediger und Priester werden, denn es kann da im Büro und in der Arbeitsstätte oder sonst wo einen Augenblick geben, wo ein Christ sich mutigen Herzens zu dem bekennen muss, was er glaubt und was er liebt, wo er es wagen muss, ein Wort des Glaubens in seine vielleicht glaubenslose Umgebung hineinzusagen. Indem er das tut, gibt er Gott Platz in der Welt, wie der Priester mit seiner Predigt. Indem er das tut, gibt er dem herbergssuchenden Gott, der immer wieder obdachlos ist in der Welt, Raum und Herberge auf Erden. Christus wird auch in diesem Wort neu geboren für die Welt.
Neben der Aufgabe des Predigens steht die des Segnens, die ja gerade in diesen ersten Wochen der Priesterweihe und Primiz im Vordergrund steht. Immer wieder wird der Primiziant gebeten, seinen Segen zu spenden, und mit einem tiefen Vertrauen und mit einer echten Freude wird dieser Segen aufgenommen, weil die Menschen noch lebendiger und mächtiger die Kraft des Heiligen Geistes, der ihn gesalbt hat, zu spüren glauben als bei dem, der schon lange diesen Dienst des Segnens tut. Aber immer bleibt der Priesterberuf ein Dienst des Segnens. Immer ist es seine Aufgabe, zu segnen in einer Welt, die vielleicht flucht oder nur noch rechnet. Der Priester segnet.
Er segnet die Kinder in der Schule nach dem Religionsunterricht, er segnet die Gläubigen in der heiligen Messe, er segnet die Wanderer, die auf die Berge gehen oder in die Ferne fahren, er segnet die Kranken und Sterbenden in den Stunden ihrer Not und in den Stunden jener letzten Verlassenheit, in die nur noch Gottes gütige Hand einzudringen vermag. Und er segnet mit einem letzten Segen am Grab noch in die Ewigkeit hinüber.
Und im Grunde sind all die Sakramente, die er spendet, nichts anderes als ein Segen von gesteigerter Kraft und Wirksamkeit. Wenn man das einmal ganz grob übersetzen möchte, was das eigentlich heißt – segnen -, dann könnte man sagen: Das bedeutet ungefähr so viel wie ein Glückwunsch von Gott her, im Namen Gottes. Wenn es aber so ist, dann bekennen wir uns bei jedem Segen zu der Tatsache, dass in der Welt nicht nur die Maschinen und die Rechnungen und das Geld maßgebend sind, sondern dass es da noch andere Kräfte gibt, die bestimmen. Schon wenn wir Menschen uns gegenseitig an manchen Tagen Glück wünschen, geben wir zu, dass es auf diese wirtschaftlichen Dinge allein nicht ankommt, sondern ebenso sehr auf die Güte der Menschen um uns herum, auf das gemeinsame Gutsein miteinander und füreinander. Sooft wir uns dem Segen von Gott her unterstellen, bekennen wir, dass unser Leben, unser Glück und Gelingen am Ende abhängt von der Liebe des ewigen Gottes, dass die Welt nicht bloß regiert wird von den Berechnungen der Wirtschaft, sondern genauso oder viel mehr von der Berechnung Gottes, von der Berechnung jener Liebe also, über die es heißt, dass sie Sonne und Sterne bewegt. Und deswegen beugen wir uns und halten einen Augenblick inne, wenn sich die segnende Hand des Priesters über uns breitet, weil wir spüren und glauben, dass in diesem Augenblick der Finger Gottes, der Finger der weltbewegenden Liebe näher an unser Leben heranrührt, dass unser Schicksal in den Händen desjenigen liegt, der jetzt uns Glück wünscht – und nicht nur wünscht, sondern mächtig ist, es uns auch zu geben.
Vielleicht ist es Ihnen schon manchmal aufgefallen, dass es eigentlich doch etwas sehr Seltsames ist, dass der Segen bei uns in der Kirche gerade mit dem Kreuzzeichen gespendet wird, mit jenem Zeichen also, das uns an die Todesnot des Gottmenschen Jesus Christus erinnert, mit jenem Zeichen, das uns erinnert an die geheime Not, die auf dem Grunde aller Dinge verborgen ist. Aber das muss so sein, denn das erinnert uns an die zwar bittere, aber doch unumgängliche Tatsache, dass aller Segen auf Erden überhaupt aus dem Opfer kommt, dass der Segen Gottes vom Kreuz Jesu Christi kommt, von seinem Opfern. Und deshalb ist die dritte und höchste Aufgabe des Priesters das Opfern. Und nur weil er opfert, kann er immer wieder die Kraft des Segnens in die Gemeinde hineintragen.
Mit diesem Opfern, das ihm aufgetragen ist, ist zunächst die Feier der heiligen Eucharistie gemeint, in der das Kreuzesopfer Jesu Christi von Neuem Gegenwart wird. Aber der Priester kann das Opfer des Herrn nur dann recht feiern, wenn dahinter immer wieder sein eigenes Opfern steht, mit dem er Tag um Tag Gott dem Herrn sein eigenes Leben, die Sehnsucht des Herzens nach Glanz und Glück hingibt, um ganz ihm allein zur Verfügung zu stehen.
Darüber wäre vieles zu sagen, denn dies ist die innerste Mitte des priesterlichen Auftrags. Ihm ist es aufgegeben, die Rolle Jesu Christi nicht nur in der Liturgie zu spielen, sondern die Rolle Jesu Christi zu leben und neu zu erfüllen in seinem persönlichen Dasein. Aber vielleicht ist es gut, wenn wir, ohne allzu viel darum herumzureden, uns einfach wirklich heute mit ganzem Herzen in dieses erste Opfer unseres Neupriesters hineingeben und wirklich von Herzen den ewigen Gott bitten, dass er ihm doch schenken möge, immer mehr aus der Kraft dieses heiligen Opfers zu leben, um dann von da immer mehr die Kraft des Segnens für die anderen und die Fülle des Segens für sein eigenes Leben zu empfangen.
Aller Segen kommt vom Kreuz! Damit sind wir wieder angelangt bei dem Evangelium des heutigen Tages, von dem wir ausgegangen sind. Denn jener Morgenstunde der Berufung, über die da geredet wurde, folgte drei Jahre später die Stunde der endgültigen Entsendung. Mancherlei war in diesen drei Jahren geschehen, was den ersten Glanz dieser Morgenstunde verdunkeln konnte: Verleugnung, Kreuz und Auferstehung lagen dazwischen. Und nun steht der scheidende Herr noch einmal vor Simon, noch mal an den Ufern jenes Sees von Galiläa, an dem sich jene ersten unvergänglichen Stunden der Begegnung zugetragen hatten. Und noch einmal erneuert er seinen Auftrag mit den Worten: „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe!“
Aber es kommt die Stunde, da ein anderer dich gürten wird und dich führen wird, wohin du nicht willst. Darum ist es wie ein Nachhall vom See Genezareth, wenn in der Stunde der Priesterweihe die eben gesalbten Hände des Neupriesters fest aneinandergebunden werden und wenn er dann mit diesen gebundenen Händen den Kelch berührt, in dem er bald darauf als Priester das Erlöserblut des Herrn dem ewigen Gott hinhalten wird. Seine Hände sind gebunden für immer und werden nie mehr sein Eigen sein, sein ganzes Wesen ist gebunden für Gott. Jene Zeiten der träumenden Hoffnung, in denen alle Wege offen für Gott und alle Möglichkeiten zu winken schienen, sind vorbei; für immer hat er seine Hände hineingelegt in Gottes Vaterhand.
Aber aus dem Eingangslied der heutigen Messe spricht mit strahlender Siegesgewissheit die Zuversicht, dass der seine Hände gut geborgen hat, der sie Gott überlassen hat, wenn es da heißt: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil, ich fürchte nichts.“ Wer seine schwachen Hände hineinlegt in Gottes starke Vaterhand, hat sie hineingegeben in den Schoß der ewigen Liebe. Und so mag er getrosten Herzens auf das Meer der Welt mit all den Stürmen und Fährnissen, die es geben mag, hinausfahren, um Gottes Fischer zu sein, denn der ist ja alle Tage bei ihm, der gesagt hat: „Seid nur getrost, ich habe die Welt überwunden.“ – Amen.